Veröffentlicht am 20.12.2021
Es ist eine besondere Zeit. Die Zeit der Wintersonnwende.
Ab jetzt wird es wieder jeden Tag etwas heller. Was für ein schöner Gedanke –
und das, obwohl ich den Winter liebe. Die dunkle Zeit, in der ich zur Ruhe kommen kann. Gemütlich mit einer warmen Tasse Tee, einem guten Buch und dem Leuchten einer Kerze. Im Ofen brennt ein wärmendes Feuer und ich habe mich in eine schöne warme Decke eingekuschelt.
Was ich auch sehr genieße sind Wanderungen und Spaziergänge in der kalten Winterluft. Besonders schön natürlich, wenn es geschneit hat und die Welt dadurch ruhiger ist und die Luft viel klarer.
Hast du das auch schon mal wahrgenommen?
Wenn du morgens aufwachst und es so richtig still ist und du ganz genau weißt, es hat geschneit, obwohl du noch gar nicht nach draußen geschaut hast?
Da liegt dann Zauber in der Luft.
Das ist zwar mittlerweile echt selten geworden, aber ich liebe das und freue mich jedes Mal wie ein kleines Kind.
Die Wintersonnenwende – das Licht wird wiedergeboren. Symbolisiert durch das Sonnenkind -im christlichen Glauben durch das Jesuskind. In alten Krippen wird es noch mit einem goldenen Sonnenkranz um das Haupt dargestellt. Die Häuser schmücken wir in der Advents- und Weihnachtszeit mit frischen, immergrünen Pflanzen – dem Adventskranz und dem Tannenbaum. Die frischen immergrünen Zweige zeigen uns, dass das Leben nie aufhört. Alles ist ein immer wiederkehrender Zyklus – das Lebensrad dreht sich weiter. So symbolisiert auch der Adventskranz das Lebensrad mit seinen vier Kardinalpunkten (der Frühlings-TagundNachtgleiche, der Sommersonnwende, der Herbst-TagundNachtgleiche und der Wintersonnwende).
Traditionell war der Adventskranz mit roten Kerzen geschmückt. Das Rot steht hier für das Blut als Träger der Seele.
Die Kerzen stehen auch für die vier Jahreszeiten und die vier Lebensalter – Morgen (Kindheit/Jugend) – Mittag (Lebensmitte) – Abend (Alter) – Mitternacht (Tod/Geburt). Und das Licht des göttlichen Geistes, das in uns brennt, wird symbolisiert durch die lebendig lodernden Flammen der Kerzen.
Es fällt uns heutzutage schwer, diese Stimmung richtig wahrzunehmen. Zu fühlen, wie wichtig es ist, dass das Licht wiederkehrt. Leben wir doch in einer Zeit, in der wir sogar von „Lichtverschmutzung“ reden. Einer Zeit, in der es kaum noch Ecken gibt, die wirklich dunkel sind. Spärlich sind die Orte, an denen wir noch die Milchstraße am nächtlichen Himmel bestaunen können. Wir haben Licht und Nahrung im Überfluss.
Unseren Ahnen ging es ganz anders. Gut gehütet waren die Vorräte, die für den Winter angelegt wurden und für das Überleben der Familie wichtig waren.
Das zur Wintersonnwende neu geborene Sonnenkind hatte eine ganz besondere Bedeutung – es brachte Hoffnung – das Versprechen von neuem Leben, auf dass sich das Lebensrad weiterdreht, und im neuen Jahr neues Leben wachsen kann.
Die Rauhnächte
Was assoziierst du mit diesem Begriff?
Für mich klingt das schaurig und schön zugleich. Als Rauhnächte werden die magischen 12 Nächte zwischen Weihnachten und dem 6. Januar bezeichnet. Nach einer anderen Zählweise auch zwischen Wintersonnwende und dem 6. Januar (hier werden dann die Feiertage und Silvester nicht mitgerechnet, um wieder auf die magischen 12 Nächte zu kommen).
Diese 12 Nächte stehen symbolisch für die 12 Monate des neuen Jahres und es ist uralter Brauch, in diesen Nächten zu Orakeln, um sich auf das neue Jahr vorzubereiten. Es lohnt durchaus, zu beobachten, was an diesen 12 Tagen und Nächten geschieht, wie die Stimmung ist, wie sich das Wetter zeigt. Die gleiche Tendenz soll sich laut alten Überlieferungen im entsprechenden Monat des kommenden, neu geborenen Jahres wiederholen.
Rauhnächte – was bedeutet das eigentlich?
Vielleicht weil es draußen nass, kalt, ungemütlich – eben rauh ist?
Eine andere Bedeutung ergibt sich von dem mittelhochdeutschen Wortstamm „rauh – ruch“ – ursprünglich ein Begriff für behaart, zottig, von Fell bedeckt, pelzig. Unsere Ahnen bezogen sich dabei möglicherweise auf die Felle, die die Perchten trugen – Eine weitere Bedeutung bezieht sich wohl auch auf den uralten Brauch,
insbesondere in der Zeit zwischen den Jahren mit verschiedenen Kräutern
und Harzen zu räuchern, um böse Geister zu vertreiben,
von denen es in dieser „fünften Jahreszeit“ nur so wimmelt.
Und wer war jetzt gleich nochmal die Percht?
Im Alpenraum ist sie noch bekannt. Die Frau Percht. Die große alte Göttin mit ihren zwei Gesichtern.
Sie zeigt sich zum einen als schöne junge Frau, aber auch als hässliches altes Weib.
Sie symbolisiert die Polarität des Lebens – kein Frühjahr ohne Herbst, keine Geburt ohne Tod – was uns die Natur jedes Jahr wieder vor Augen führt. Im Herbst stirbt in der Natur vieles ab, um im Frühjahr neu geboren zu werden. Die Wiedergeburt der Natur, der menschlichen Seele im neuen Jahr oder auch im nächsten Leben. Im Jahresverlauf sehen wir die dunkle und die helle Jahreshälfte, im asiatischen Raum spricht man von Yin und Yang. Alles ist im Gleichgewicht.
Die Frau Percht symbolisiert dieses Gleichgewicht. Als sogenannte Schiachperch – die hässliche Alte – die Todesgöttin –
und als sogenannte Schönpercht – die helle, weiße, glänzende Wiedergeburtsgöttin.
Frau Percht – Hüterin der Geheimnisse rund um Geburt, Leben, Tod und Wiedergeburt. Viele Geschichten gibt es dazu.
Bräuche haben etwas magisches. Holen wir uns doch etwas von dieser zauberhaften Magie zurück in unser modernes entzaubertes Leben.
- Stelle in jeder Nacht ein Licht ins Fenster, um von bösen Geistern verschont zu bleiben
- Wir räuchern in den 12 Rauhnächten um alles von den alten Energien zu reinigen – manche räuchern auch nur an hl. Abend, am 31. Dezember und zu hl. Drei König.
- Wir sollten nicht fluchen, schimpfen oder streiten in dieser heiligen Zeit
- Es ist eine Zeit des Lauschens. Wir sollten uns daher gegenseitig viel erzählen und besonders gut zuhören
- Die Rauhnächte sind eine gute Zeit, um offene Rechnungen zu begleichen und Ordnung zu machen
- Wir sollten anderen von Herzen und möglichst viel schenken und auch einen Bettler oder Bedürftigen nicht abweisen
Welche Bräuche für diese magische Zeit kennst du? Zelebrierst du diese auch?
Oft wird die Frau Percht auch mit Frau Holle gleichgesetzt.
Wir denken an die Gold- und die Pechmarie – auch hier begegnet uns die Polarität. Das Schöne und das Hässliche. Und wie ist das mit uns selbst? Trage ich nicht auch beides in mir? Was sind meine Goldseiten? Was sind meine Pechseiten? Was wäre ich ohne die jeweils andere? Gold und Pech – zwei Seiten einer Medaille? Wer oder was wäre ich ohne die Goldseiten oder ohne die Pechseiten? Machen mich beide nicht genau zu dem Menschen, der ich bin? Und ist das nicht ganz gut so? Oder will ich eventuell einen Teil davon loslassen?
Die Rauhnächte sind eine gute Zeit zu reflektieren. Zurückzuschauen und wahrnehmen was war und vorauszuschauen auf die Zukunft, getragen von der Hoffnung und dem Leuchten und Glänzen der schönen Percht – der Göttin der Wiedergeburt.
Ein schönes Ritual für die Rauhnächte ist folgendes:
(aus: „vom Zauber der Rauhnächte“ von Vera Griebert-Schröder – Franziska Muri – Verlag Irisiana)
Überlege in Ruhe, was wünschst du dir fürs nächste Jahr?
Was würde das kommende Jahr vollkommen machen? Was liegt dir am Herzen, was ist dir besonders wichtig?
Schreibe dir dann 13 Wünsche auf kleine Zettel und falte sie so, dass sie sich äußerlich nicht unterscheiden.
Lege sie in eine besonders schöne Schachtel oder in ein kleines hübsches Säckchen.
Gehe nun in jeder Rauhnacht, am besten, wenn es finster ist, hinaus und ziehe einen Zettel aus der Schachtel bzw. dem Säckchen.
Den Wunsch, der auf diesem Zettel niedergeschrieben ist, übergibst du nun der geistigen Welt,
indem du den Zettel (in einer feuerfesten Schale) verbrennst.
Aber nicht spicken. Um diesen Wunsch werden sich jetzt die höheren Kräfte kümmern.
Beobachte, wie dein Wunsch langsam in Rauch aufgeht und achte darauf, was sich bei dir zeigt,
was sich in deinem Kopf oder in deinem Herzen regt.
Wenn der Zettel mit deinem Wunsch in Asche aufgegangen ist, übergib diese Asche an Mutter Erde
und bedanke dich bei den Elementen (Erde-Wasser-Feuer-Luft) für ihre Unterstützung.
Dies wiederhole in jeder Rauhnacht – also 12-mal-
Am 6. Januar hast du dann noch einen Wunschzettel übrig.
Nimm ihn feierlich aus deiner Schachtel oder deinem Säckchen und entfalte das Papier.
Dies ist der Wunsch, um den du dich im gerade angebrochenen,
neuen Jahr selbst kümmern solltest, wenn er in Erfüllung gehen soll.
In diesem Sinne wünsche ich dir eine wunderschöne Weihnachtszeit!